Ja, was flattert denn da ins Haus hinein? Eine CD von ROBERT LAMM, dessen Name mir gleich irgendwie bekannt vorkam. Klar, der Mann spielte einst in den 70er Jahren bei der legendären Gruppe „Chicago“, die anfangs erstklassigen Jazz-Rock spielte und auch als eine der führenden Bands des Genres bezeichnet werden darf neben anderen wie „Brand X“, „Blood, Sweat & Tears“ oder „Backdoor“. Dann kam „If You Leave Me Now“ und nichts war mehr, wie es einmal war. Die Hit Single des 1975er Albums zog mehrere Hits nach, die Band verkaufte ihre Alben wie warme Semmeln, die Dumpfbackensender der Radiostationen spielten trotzdem immer nur den einen Hit, die Etats waren damals schon eng gestrickt und Radio DJs waren in den 80er Jahren nur noch Marionetten, die das Zeugs moderierten, das ihnen die Programmgestalter vorgaben, die sowieso bis zum heutigen Zeitpunkt – abgesehen von den innovativen kleinen Radiosendern im Untergrund – keine Ahnung von der Materie haben. Aber egal – ROBERT LAMM, 10 Songs gibt es auf dem Album „Living Proof“, das so überraschend im Player liegt, als ob ein Blitz eingeschlagen hat. Der lebende Beweis, dass er es noch kann, auch wenn es nie mehr so wie in den Anfangszeiten sein wird, als seine Band noch „Chicago Transit Authority“ hiess und Rockhämmer wie „I’m A Man“ oder „24 Or 6 To 4“ generierte.
Nur 36:46 Minuten gibt es, „Out Of The Blue“ ist ein feines Rock-Pop-Soul- Perlchen, wie sie früher einmal der Sänger Daryl Hall auf seinen Scheiben gesungen hat. Der gute Robert hatte 1975 sein erstes Solo Album veröffentlicht, 1993 und 1993 kamen Nummer zwei und drei, und nach der Jahrhundertwende wurde der Mann so richtig aktiv. Das vorliegende Album ist das erste von ihm, das ich jetzt höre und ich denke, dass ich da noch Nachholbedarf habe. Auch „Arise“ gefällt mir ganz gut und mit „Those Crazy Things“, das der gebürtige New Yorker gemeinsam mit seiner Neuentdeckung ZOSIA KARBOWIAK singt, hat er sogar einen feinen Pop- Funk ausgebuddelt, der etwas an die moderneren Stücke von „Earth, Wind & Fire“ erinnert. Später steht die Polin, die vor kurzem ihr Debut Album veröffentlicht hat, noch einmal am Mikrofon und singt das soulpoppige „Liquid Sky“ im Alleingang.
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Fazit: ROBERT LAMM pflegt Mainstream-Rock-Pop, wie er in den 80er Jahren zu hören war und wer die damaligen Platten von „Chicago“ liebte, wird auch hier den einen oder anderen guten Song entdecken. Schade ist nur, dass sich die meisten Stücke anhören wie aus einer fernen Zeit, die Produktion ist – um es mal vorsichtig auszudrücken – recht bescheiden, wahrscheinlich wurde auch an einigen Songs viel zu lange herumgebastelt. Dass die Stimme des Sängers nicht mehr ganz die voluminöse Power hat wie einst, war für mich beim Hören unerheblich, der Musiker ist ja immerhin schon 67 Jahre alt & verglichen mit anderen jüngeren Interpreten gibt er immer noch eine gute Figur ab. „Living Proof“ gefällt mir beispielsweise besser als der artifzielle „Möchtegern-Soul“, den Phil Collins auf seiner letzten Platte propagiert hatte.
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